Suite für Klavier-Solo von Jul Dillier
Tasteninstrument; was für ein sonderbarer Name. Während bei Streichinstrumenten, Zupfinstrumenten, Schlaginstrumenten oder Blasinstrumenten stets die Art und Weise beschrieben wird, wie wir darauf einen Ton erzeugen, wird bei Tasteninstrumenten lediglich die technische Apparatur beschrieben, mit welcher sie bedient werden. Konsequent ausgedrückt wäre das Klavier wohl eher ein Schlaginstrument. Eine Art mechanisches Zimbal vielleicht. Oder wie es Cecil Taylor ausdrückte: „Das Klavier ist ein Schlagzeug mit 88 gestimmten Trommeln“. Oder verstehen wir das falsch? Geht es beim Tasteninstrument vielleicht gar nicht um die Tasten, sondern um das Tasten?
In meinem Programm „tasten“ wird der Flügel als „Tastinstrument“ erkundet. Einer Schatztruhe gleich wird die Flügeltür weit geöffnet und mit Fingern und Ohren erkundet, welche Klangschätze sich darin verbergen. Eine Reise ins Innere, ins Innige, ins Intime des Instruments. Es ist eine Forschungsreise durch verschiedene, wenn auch nur assoziativ gestreifte Länder, auf der Suche nach den Anfängen der Musik, dem Wesen des Klangs und dem Phänomen des Hörens. Nach archaischen Rhythmen. Nach lebendigen Klanglandschaften, in denen ich als Pianist mich manchmal eher als Zuhörer als als aktiv Tätiger fühle.
Die Tasten werden bei dieser Klavierbetastung nur peripher verwendet. Als ob sie eine praktisches Hilsmittel, jedoch nicht die eigentliche Spielweise dieses wundersamen Musikkastens seien. Was die eigentliche Spielweise ist, wird in neun kleinen Miniaturen – oder besser: Miniatüren – nach und nach erkundet: zupfend, streichend, schlagend, klopfend – tastend.
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